
Globale Bankenbranche feuert Mitarbeiter im Akkord
Die Stellenverluste in der globalen Finanzdienstleistungsindustrie stehen in diesem Jahr kurz davor, die Schwelle von 200.000 zu überschreiten. Vor allem der angekündigte Abbau von Arbeitsplätzen bei Großbanken wie Citigroup, BNP Paribas, HSBC und Bank of America wirken sich desaströs auf die diesjährige Bilanz aus, da alle Institute gemeinsam haben, dass sie ihre Kosten reduzieren und in den Griff bekommen müssen. Die Jobverluste werdenin 2011 höher ausfallen als im Hauptkrisenjahr 2009.
Weltweit baut die Bankenbranche in 2011 mehr Stellen ab als im Hauptkrisenjahr 2009
Bei der Citigroup könnte es demnächst zur Streichung von weiteren 3.000 Stellen kommen, nachdem CEO Vikram Pandit angekündigte, auf die Kostenbremse zu drücken. BNP Paribas, Frankreichs größte Bank, teilte heute mit, dass sie in ihrer Sparte Investmentbanking rund 1.400 Stellen abbauen wird. Die meisten der Jobverluste werden in der Kapitalmarktsparte und der Sparte für strukturierte Produkte anfallen. Die Bank of America erklärte gestern, einen Teil ihrer europäischen Sparte für Vermögenswerte zu schließen. Die Jobreduzierungen addieren sich zu den bereits 195.000 Stellenverlusten, die durch Banken, Versicherungen und Vermögensverwalter seit Anfang dieses Jahres vorgenommen wurden. Damit entwickelt sich das Jahr 2011 für die Mitarbeiter der Bankenbranche noch schlechter als das Jahr 2009, das den Höhepunkt der Finanzkrise bildete und Jobverluste in Höhe von insgesamt 174.000 Stellen zu verkraften hatte. Viele Kreditgeber reduzieren ihre Belegschaften, da Europas Staatsschuldenkrise stark auf der Entwicklung der Finanzmärkte lastet. In diesem Zuge haben sich die Einnahmen aus Aktien- und Anleiheinvestitionen teils mächtig reduziert. Die Situation belastet auch die Investitionsbereitschaft des Unternehmenssektors und lässt die Erträge aus Übernahmen, Fusionen und angestrebten Börsengängen schwinden. Weltweit zwingen die Regulierungsbehörden die Banken überdies dazu, mehr Eigenkapital für ihre riskanten Geschäfte zur Seite zu legen, wodurch die Profitabilität aus festverzinslichen Anlagen gemindert wird.

Marktbeobachter erklärten, dass die wirtschaftliche Lage der Bankenbranche noch niemals so schlimm gewesen sei wie heute. Die Zukunft des Bankensystems hat sich mehr als verdüstert. Allgemein wird damit gerechnet, dass der aktuellen Lage noch weitaus mehr Jobs zum Opfer fallen werden. Es würden noch rund 14 bis 15 Monate vergehen, bis die Banken wieder einigermaßen profitabel wirtschaften könnten. Es zeichne sich bereits deutlich ab, dass es im Jahr 2012 zu einer enormen Beschädigung der globalen Bankenbranche kommen dürfte. Bei Nomura Holdings wird es in dieser Woche zu Stellenstreichungen in London, Hong Kong und dem Heimatmarkt Japan kommen. Japans größte Börsenhandelsfirma teilte mit, dass sie in Betracht zöge, sich aus Teilmärkten in Japan und Europa komplett zurück zu ziehen. Nachdem es im ersten Quartal dieses Jahres zum ersten Quartalsverlust seit zwei Jahren gekommen ist, sollen die Kosten des Instituts teils drastisch reduziert werden. Nomura ergänzte die Absicht zu verfolgen, die Kostenbasis um $1,2 Milliarden pro Jahr zu reduzieren. Die entsprechenden Pläne sollen so schnell wie möglich umgesetzt werden.
Amerikas Citigroup plant, etwa 1% seiner Belegschaft abzubauen, wie interne Quellen zuletzt berichteten. Diese Zahl basiert allerdings auf Schätzung und könnte sich aus diesem Grunde noch ändern. Unter den zu streichenden Stellen könnten 900 aus der Sparte Eigenhandel und Investmentbanking stammen. Citigroup, Amerikas drittgrößte Bank nach Vermögenswerten, beschäftigte zum Ende des dritten Quartals weltweit etwa 267.000 Mitarbeiter. BNP Paribas verfolgt den Plan, etwa 6,5% seiner Angestellten in der Investment- und Unternehmenssparte abzubauen. Ende September beschäftigte die Bank noch etwa 21.400 Mitarbeiter in dieser Sparte, wie aus Informationen auf der Webseite des Instituts hervorgeht. Rund 400 Stellen sollen laut BNP Paribas im Heimatmarkt Frankreich gekürzt werden. Wie auch alle anderen Banken muss BNP Paribas ihre Geschäftsaktivitäten an das neue regulatorische Umfeld anpassen, das einen besonderen Einfluss auf die Kapitalmärkte und die Märkte für strukturierte Produkte – wie beispielsweise Anleiheverbriefungen – hat. BNP Paribas teilte bereits Anfang November mit, dass die Bank Verluste in Höhe von rund 1,2 Milliarden Euro aus Einmalkosten und Abschreibungen erwarte, da das Institut seine gehaltenen Vermögenswerte weiter reduziert und den Abbau von Fremdkapital weiter forciert, um sich an die neuen Kapitalregeln zu halten. Die Bank kündigte zuletzt an, ihre Bilanz um 10% zu kürzen, wozu vor allem der Abbau von Positionen in Höhe von $82 Milliarden in den Sparten Investmentbanking und Unternehmensfinanzierungen gehören.
Die Bank of America, baut einen Teil seiner als bislang erstklassig eingestuften Merrill Lynch Vermögenswertsparte in Europa. Die gestern angekündigten Kürzungen werden insbesondere die Verkaufs- und Marketingaktivitäten betreffen. Zahlen über die den Plänen zum Opfer fallenden Stellen wurden bislang allerdings nicht genannt. Davon unabhängig reduzierte der Kreditgeber die Anzahl der Mitarbeiter seines Vertriebs- und Handelsteams im Emirat Dubai um 40%. Brian Moynihan, Vorstand der Bank of America, plant, in den kommenden Jahren zwischen 30.000 und 40.000 Arbeitsplätze bei dem in Charlotte, North Carolina ansässigen Institut abzubauen, um bis Ende 2013 jährliche Kosteneinsparungen in Höhe von $5 Milliarden durchzusetzen. UniCredit, Italiens größte Bank nach Vermögenswerten, gab in dieser Woche einen Rekordverlust bekannt und gab in diesem Zuge die Schließung seiner auf Westeuropa fokussierten Maklerfirma bekannt. Bis 2015 will das Institut wieder einen Gewinn in Höhe von €6,5 Milliarden erwirtschaften, was laut Management nur durch die Fokussierung auf Kerngeschäftsfelder erreicht werden könne. Die Bank gab darüber hinaus bekannt, in genannten Zeitraum weitere 7.400 Stellen in Europa abzubauen. Mitte November kam es zur Entlassung der gesamten Belegschaft der Börsenhandelsfirma MF Global, deren insgesamt 1.066 angestellten Broker den Hut nehmen mussten, nachdem es zur Schließung und Insolvenz des in New York ansässigen Unternehmens kam. Die durch MF Global gehaltenen Vermögenswerte befinden sich zurzeit in Liquidation, um ehemals getätigte Kapitalanlagen an Investoren zurück zu bezahlen.